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Österreichischer Erbfolgekrieg 1740-1748
Lazarett Flörsheim 1743/44

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Die Schlacht vom 27.06.1743 bei Dettingen am Main und ihre Folgen für Flörsheim!

 

Die lateinischen Notizen von Lamberti (Dr. Gerhard Lamberti, Pfarrer in Flörsheim von 1727 bis 1773), die er im Kirchenbuch nach den Eintragungen der Todesfälle von 1743 eingetragen hat, umfassen den Zeitraum von May 1743 bis April 1744. In einer aktuellen Übersetzung lauten sie (nicht lesbare Textstellen oder Passagen, deren Sinn nicht erschlossen werden konnte, sind durch Punkte ersetzt):

 

 

In diesem Jahr wütete der Krieg erbarmungslos in Gegenden am Rhein und Main. Am 2. May kamen belgisch-österreichische Truppen, Dragoner, unter Führung des Prinzen de Ligne hier an. Katholiken, die in Demut dienten, und kein Tag verging, an dem nicht viele am Gottesdienst teilnahmen, wenn erkrankt, wurden sie mit Sakramenten gestärkt, und Offiziere und Soldaten waren einem Priester anvertraut. Die meisten stammten aus Brabant und Flandern, sie wurden im Dorf untergebracht und an Pfingsten für 14 Tage in unseren Feldern (im Bergfeld, welches Brach lag). Sie erweiterten das Lager in die bestellten Äcker des Brückenfeldes, aber es kam nicht vor, dass auch nur ein Halm geknickt wurde. Sie hatten einen Karmeliter dabei, einen gelehrten Mann, erfahren in den Handlungen auf dem Friedhof. Von ihnen sind 11 auf unserem Friedhof begraben, mit denen wir jedoch unvergleichlich weniger Arbeit hatten als mit den Hannoveranern. Die Österreicher, in der Mehrzahl Fußtruppen, zogen weg und bezogen Lager in der näheren Umgebung. 


Nichtsdestoweniger hatten die Flörsheimer ein außerordentliches Ereignis im Zusammenhang mit dem Krieg, als unglaubliche Mengen Hafer ... sogar von der Mosel aus dem Herzogtum Luxemburg geliefert wurden und Mengen an Brot eintrafen. Mit den Lebensmitteln wurden alle anderen Truppen versorgt. Tag und Nacht gab es Tumult auf den Plätzen, und eine so große Zahl von Menschen, Pferden und Wagen drängten sich, dass ich öfters kaum die Kirche betreten konnte. Im Übrigen hielten sie Ordnung und bezahlten alles genauestens wie sogar auch General de Currier. So waren sie beliebt bei den hiesigen Einwohnern, weil niemand bestohlen und die Gastfreundschaft bewahrt wurde.


Am Fronleichnamstag hielt sich ein Offizier im Ort auf und Wächter waren auf den Plätzen ...
...wiederhergestellt, die Verletzten aufzunehmen, die nach der Schlacht von Dettingen zurückkamen. ... inzwischen haben wir in der Station hier Gruppen gehabt, die Freigelassene genannt werden, sodann Engländer unter Hannoveranern, wie auch Fußsoldaten und Reiterei, niemand spielt oder richtet Schaden an. Bei allem Leid ein schrecklicher Zustand.


In dem Hospital der Hannoveraner waren so viele Verwundete, dass kein Haus leer blieb, aber öfters lagen dort 10, 20, 30, 40, 50, im Rathaus 200, im Karthäuserhof 300. Unter den Vielen waren einige Katholiken, die keinen Priester hatten, es gab aber 2 oder 3 Prediger.


Während ich das schreibe, erkenne ich nicht, welche Arbeit und welche Gefahren auf uns zukommen werden, die von den Toten und Verwundeten ausgehen. Im Hospital, wo Katholiken zwischen Nichtkatholiken wie Heringe liegen in dem Schmerz ist niemand erfahren.


Die Prediger erhalten als Verdienst 30 Dukaten pro Monat, wir nicht mal einen Obulus. ...
Sie mögen Gott dankbar sein, dass wir immer noch leben, und wenn ich die Hand eines Kranken ... bemerke. Während die Schicksale der Toten uns ergreifen ... keine zwei der Kranken.


Es sind mehr als 400 Hannoveraner gestorben, die auf unserem Friedhof begraben werden wollten, doch es ist eine so große Zahl übrig, so dass sie außerhalb des Dorfes begraben werden mögen.

 

Notizen auf dem Seitenrand des Kirchenbuches geschrieben:

Hier liegen etwa 451 Hannoveraner, ein Offizier auf unserm Friedhof, jedoch an einem ungeweihten Ort (loco excerato), was ich unfreiwillig erlauben musste, um größere Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Neben dem “pater medium” und dem obersten Chirurgen des Hospitals hatten sie noch weitere 24 Chirurgen, die mit einer Ausnahme ebenso wie die mithelfenden Kranken alle geschwächt sind; zwei von ihnen starben. Am Main haben sie eine Küche gebaut, die Tag und Nacht raucht, um die Verletzten zu versorgen, wenn sie nach einem Bissen, heißen Getränke und Tee riefen, der Aufwand spielte keine Rolle. 


Für das hiesige Hospital mussten schätzungsweise 100.000 fl aufgebracht werden.
Am 9. April 1744 schließlich überquerten sie zum zweiten Mal den Fluss und zogen mit den übrig gebliebenen Kranken und Genesenen in Richtung Brabant.

 

Auszug aus dem Flörsheimer Kirchenbuch, übersetzt aus dem lateinischen durch Dr. Bernhard Thomas

Mehr zur Flörsheimer Geschichte finden sie unter www.flörsheim-1665.de

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*Rückzug und Flucht der Franzosen nach der Schlacht bei Dettingen am 27. Juni 1743

*Unbekannt, Rückzug und Flucht der Franzosen nach der Schlacht bei Dettingen am 27. Juni 1743 (Bild und Karte), 1743, Wien Museum Inv.-Nr. 198932, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/369708/)

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